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Kombiinstrument - Justage Tank- und Temperaturanzeige

hokuspokus
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hokuspokus's Polo 86C

Diese Anleitung versucht auch Hintergrundwissen zu vermitteln und könnte deshalb für den einen oder anderen etwas langatmig ausgefallen sein. Ich versuche das durch etwas Struktur wieder aufzufangen, so, dass man irrelevante Themen überspringen kann.

Mit der Zeit schleichen sich Ungenauigkeiten in der Temperatur- und Tankanzeige ein. Bei der Temperaturanzeige zeigt sich das z. B. dadurch, dass trotz intaktem schwarzem Geber und Thermostat die Nadel nicht mehr viel über 70 Grad steigt. Bei der Tankanzeige steigt die Nadel trotz vollem Tank möglicherweise nicht mehr bis zur 40 Liter-Marke.

Die Anzeigen lassen sich mit mäßigem Aufwand neu justieren. Bevor man jedoch Justiert ist es zweckmäßig den Anzeigenfehler wirklich auf das Instrument einzugrenzen.

Prüfung Temperaturanzeige (Beitrag #2)

Prüfung Tankgeber (Beitrag #3)

Ausbau Kombiinstrument :
Der Ausbau wird hier nicht beschrieben. Da gibt es schon andere, sehr gute Anleitungen hier. An der Stelle möchte ich auf einen sehr guten Beitrag vom Forumsmitglied Der Landvogt verweisen, der sich mit der Stabilität der Spannungsversorgung für die Digitaluhr im KI (gerade während des Startvorganges) auseinandergesetzt hat. Hier: https://www.polotreff.de/forum/t/247759

Ich setze jetzt mal voraus, dass wir das Kombiinstrument auf dem Tisch und die Anzeigeneinheit auch schon ausgebaut haben. Für alle, die wissen möchten, warum sie den einen oder anderen der folgenden Schritte tun, gibt es jetzt noch einen elektrotechnischen und einen messtechnischen Einschub.

Elektrotechnik (Beitrag #4)

Messtechnik (Beitrag #5)

Wer sich bis hierher durch alle Abschnitte gequält hat, weiß jetzt
- wie die Tankanzeige zu prüfen ist
- wie die Temperaturanzeige zu prüfen ist
- dass die Anzeigen und die Fühler elektrische Widerstände sind
- dass die Anzeigen mit den Fühlern in Reihe geschaltet sind
- dass an den Anzeigen die Faktoren Verstärkung und Nullpunktverschiebung eingestellt werden können.

Bisher ist leider immer noch nicht klar, wie die Anzeigen nun korrekt eingestellt werden. Die folgenden Referenztabellen bringen uns der Justage näher. Das Bild ebenso.

Herstellerprüfwerte für schwarzen Temperaturgeber
T [°C

  • . R [Ohm

  • 0 ........ 2450
    20 ...... 1040
    60 ...... 245
    90 ...... 100
    110 ..... 80
    120 ..... 50

    Heizspannung Tankanzeige (selbst ermittelt)
    V [l
  • . U [V

  • 0 ...... 2
    10 .... 3
    20 .... 4
    30 .... 5
    40 .... 6


    Einstellung Temperaturanzeige:
    Die Temperaturpunkte, wo wirklich die Musik spielt sind 90 °C und 110 °C. Dabei sind die 90 °C der typische Arbeitspunkt und 110 °C der kritische Zustand, in dem man rechts ran fährt und die Kiste abkühlen lässt. Wenn die Anzeige in diesem Bereich stimmt, ist sie zuverlässig.

    Wir brauchen
    - 1x Widerstand 100 Ohm mit Beinchen (blauer Metallschichtwiderstand mit einer Toleranz von höchstens 1 % und einer Leistung von 0,6 Watt bis 1 Watt)
    - 1x Widerstand 80 Ohm mit Beinchen (blauer Metallschichtwiderstand mit einer Toleranz von höchstens 1 % und einer Leistung von 0,6 Watt bis 1 Watt)
    - Labornetzteil, das den Spannungsbereich von 1 V bis 12 V abdeckt.
    - Kabel mit Krokodilklemmen am Ende
    - Multimeter (nicht zwingend erforderlich, aber hilfreich)

    Auf der Rückseite der Anzeigeeinheit sind je Anzeige zwei Stiftkontakte. Ein Paar ist der Temperaturanzeige zugeordnet.
    - mit einem Klemmenkabel den 100 Ohm Widerstand mit einem Kontakt des Stiftpaares verbinden.
    - freies Beinchen vom Widerstand mit Netzteil Plus verbinden
    - Netzteil auf 10 V stellen (mit Multimeter prüfen, wenn vorhanden). Bei den 10 V kann man sich ruhig Mühe geben. Der Spannungsregler im KI arbeitet auch mit einer sehr kleinen Toleranz von +- 50 mV.
    - Anzeigenelement ungefähr in Einbaulage halten und den anderen Kontakt auf den Minus-Pol des Netzgerätes legen (durch diesen Schritt wurde der oben beschriebene Spannungsteiler verschaltet).
    - Anzeigenausschlag beobachten, die Nadel reagiert träge und braucht ca. 1 Minute, bis sie eingelaufen ist. Gegebenenfalls Solltemperatur und Anzeigewert notieren.
    - Plusleitung vom Widerstand trennen, Widerstand tauschen (80 Ohm), Plusleitung wieder an den Widerstand klemmen, dabei Anzeigenelement ungefähr in Einbaulage halten.
    - Anzeigenausschlag beobachten, die Nadel reagiert träge und braucht ca. 1 Minute, bis sie eingelaufen ist. Gegebenenfalls Solltemperatur und Anzeigewert notieren.
    - Nun schätzen wir die Steigung, die an der Anzeige eingestellt ist, ab. Das tun wir, indem wir z. B. die Temperaturpunkte der Anzeige im Diagramm oben auf den Sollpunkten der zugeordneten Widerstände eintragen und durch die beiden Punkte eine Gerade ziehen.
    - Wir unterscheiden drei Fälle
    1. unsere gezeichnete Gerade verläuft flacher als die rote Linie aus dem Diagramm oben -> die Steigung ist zu flach bzw. die Verstärkung zu gering, Verstärkung erhöhen.
    2. unsere gezeichnete Gerade verläuft steiler als die rote Linie aus dem Diagramm oben -> die Steigung ist zu steil bzw. die Verstärkung zu stark, Verstärkung verringern.
    3. unsere Gezeichnete Gerade verläuft parallel zu der roten Linie aus dem Diagramm oben -> Glückwunsch, die Verstärkung ist optimal, wir können sofort zur Justage der Verschiebung übergehen. Dabei wird die Verschiebung bei z. B. 100 Ohm Geberwert auf 90 °C Anzeigewert justiert.
    - Spätestens nun müssen wir verstehen, wie man die Faktoren an der Anzeigenmechanik einstellt. Die spezifischen Stellen sind grün festlackiert. Lustigerweise ändert man
    - die Nullpunktverschiebung durch drehen des Exzenters (mit Spitzzange), in dem der Achskörper gelagert ist,
    - die Verstärkung durch verschieben des Blechstreifens (Schraubendreher in den Schlitz und vorsichtig drücken), auf den der Bimetall genietet ist.
    - die letzten Punkte aus Widerstände einbinden, Anzeigewerte ablesen, Bewerten und Justieren wiederholt man so lange, bis die Anzeige an den Arbeitspunkten stimmt. Generell ist es günstiger zuerst die Verstärkung zu justieren (also parallel machen der Geraden) und danach den Nullpunkt einzustellen.
    - Zum Abschluss immer noch mal die Arbeitspunkte anfahren und Anzeige kontrollieren.

    Einstellung Tankanzeige:
    Wir brauchen:
    - Labornetzteil
    - Kabel mit Krokodilklemmen am Ende
    - Multimeter (nicht zwingend erforderlich, aber hilfreich)

    Vorgang:
    - Labornetzteil auf 2 V stellen
    - Plus und Minus vom Labornetzteil mit den Stiftkontakten der Anzeige verbinden.
    - Durch Justage der Spannung vom Labornetzteil die Arbeitspunkte (siehe Referenztabelle) der Reihe nach aufsteigend anfahren und Anzeigewerte notieren. Mit dem Multimeter kann man die Speisespannung überprüfen.
    - Ablauf wie bei Temperaturanzeige: Spannung einstellen, Anzeigewerte ablesen, Bewerten und Justieren. Erst die Verstärkung korrigieren, dann die Verschiebung.
    - Zum Abschluss immer noch mal die Arbeitspunkte anfahren und Anzeige kontrollieren.

    Wer die Arbeitsabläufe mal durchführen musste, weil die Anzeigen nicht mehr in Ordnung waren, freut sich danach darüber, dass er genau den Arbeitspunkt des Thermostates in der Temperaturanzeige wiederfindet während er entspannt mit den letzten Tropfen Sprit die Zapfsäule ansteuert...



    20190509_221800.jpg
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    Justage_Temperatur.j
    Justage_Temperatur.j
    Spannungsteiler.JPG
    Spannungsteiler.JPG

  • hokuspokus
    • Themenstarter
    hokuspokus's Polo 86C

    Prüfung Temperaturanzeige:
    Wir brauchen
    - Multimeter
    - Widerstand 100 Ohm
    Ablauf:
    - Zündung ein
    - im Motorraum Stecker vom schwarzen Geber abziehen
    - mit Voltmeter am Stecker die Speisespannung zu 10 V bestimmen
    - Beträgt die Speisespannung weniger als 9,9 V oder mehr als 10,1 V, ist vermutlich der Spannungsregler im Kombiinstrument defekt. Ersatz kostet nur ein paar Euro und kann eingelötet werden.
    - Stimmt die Speisespannung, dann am Stecker beide Kontakte mit einem 100 Ohm Widerstand brücken
    - Steigt die Temperaturanzeige nun auf 90 Grad, ist die Anzeige in Ordnung
    - Fehler woanders suchen (schwarzer Geber oder Thermostat)


    hokuspokus
    • Themenstarter
    hokuspokus's Polo 86C

    Prüfung Tankgeber:
    Wir brauchen:
    - 3x Flachstecker 2,8 mm
    - 3x Flachsteckhülsen 2,8 mm
    - 30 cm Litze 1 mm²
    - 2 m Litze (Querschnitt egal z. B. 0,14 mm² oder 0,25 mm²
    - Multimeter
    - eventuell Pumpe und Schlauch zum leerpumpen des Tanks
    Ablauf
    - Rückbank auf der Beifahrerseite aufklappen
    - Abdeckkappe lösen (2 Schrauben)
    - 3fach-Stecker von der Vorpumpe abziehen
    - 3 Brückenkabel mit 2,8 mm Flachstecker und Flachsteckhülse anfertigen, 2 davon als Y-Kabel mit ca. 1 m Litze
    - mit den Kabeln den Stecker auf die Vorpumpe brücken, die beiden äußeren Kontakte mit den Y-Kabeln
    - Litzenkabel unter der Bank in die Fahrgastzelle führen und Abdeckkappe wieder aufschrauben, ohne die Isolation zu beschädigen
    - die beiden Litzen sind nun Fühlleitungen und können mit einer Lüsterklemme auf ein Voltmeter gebrückt werden.
    - Die meiste Aussagekraft hat nun eine Spannungsmessung zwischen Vollgetankt (4 V) und Leergefahren/Abgepumpt (8 V)
    - Sind die beschriebenen Werte gemessen worden, ist der Tankgeber in Ordnung und korrekt justiert.
    - Beträgt zumindest die Spanne zwischen Voll und Leer 4 V, aber die Werte liegen woanders, ist der Tankgeber in Ordnung aber falsch justiert.
    - Ist die Spanne von 4 V nicht gemessen worden, ist entweder der Tankgeber nicht in Ordnung, der Spannungsregler im Kombiinstrument nicht in Ordnung oder der Tank ist deformiert.



    hokuspokus
    • Themenstarter
    hokuspokus's Polo 86C

    Elektrotechnik:
    Geber und Anzeige stellen von der Schaltung einen Spannungsteiler dar. Das Elektronik-Kompendium erklärt den Begriff so:
    "Ein Spannungsteiler besteht im Regelfall aus zwei Widerständen, an denen sich die Gesamtspannung U_ges in zwei Teilspannungen aufteilt. Die Grundform ist der unbelastete Spannungsteiler, der einer Reihenschaltung aus zwei Widerständen entspricht."
    Unser Spannungsteiler ist immer belastet. Die Belastung hat einen Einfluss auf die Beträge der Widerstände. Das gilt für alle elektrischen Leiter mit Ausnahme von Supraleitern, diese leiten Elektronen Verlustfrei.



    Im Bild sind die beiden Widerstände, die in Reihe geschaltet sind, als Kästen mit R1 und R2 (R für englisch Resistor) bezeichnet. Die Kreise sind Messpunkte, die Linien stellen Leiter (Kabel) dar. Die Spannung U ist mit den Indizes ges für die Gesamtspannung versehen und 1 und 2 für jeweilige Teilspannungen, die am zugehörigen Widerstand abfällt.

    U_ges = U1 + U2
    R_ges = R1 + R2

    Beispielhaft auf die Temperaturanzeige übertragen stellen wir uns vor:
    - R1 ist der Temperaturgeber (NTC)
    - R2 ist der Heizdraht im Anzeigeelement
    - U_ges (Gesamtspannung) beträgt 10 V

    Wir starten den Motor und das Kühlwasser ist kalt. Der Temperaturgeber (R1) hat einen hohen Widerstand. Es fließt sehr wenig Strom durch die Widerstandsreihe. Der Heizdraht im Anzeigeelement bleibt kalt.

    Der Motor erwärmt sich. Der Widerstand des Temperaturgebers sinkt. Es fließt mehr Strom durch die Widerstandsreihe (R1 & R2). Der Heizdraht erwärmt sich. Der Bimetall, der mit dem Heizdraht umwickelt ist erwärmt und verformt sich. Der Zeiger des Anzeigeelementes steigt Richtung warm.

    Warum brennt der Heizdraht nicht durch, wenn da Strom durchfließt? Aus dem gleichen Grund, warum auch die klassische Glühbirne nicht durchbrennt. Bei den meisten Leitern steigt der Widerstand mit der Temperatur (der NTC und einige andere Leiter stellen Ausnahmen dar). Der Heizdraht, ob in der Glühbirne oder im Anzeigeelement, begrenzt sich seinen Strom also selber. Es stellt sich ein sogenannter stabiler Arbeitspunkt (aus Temperatur und Strom) ein.

    Weicht eines der Widerstandselemente von den Spezifikationen ab (durch z. B. Alterung oder Defekt), verschiebt sich der Arbeitspunkt so, dass die Anzeige nicht mehr mit der Temperatur übereinstimmt. Das ist der Moment, in dem wir uns auf Fehlersuche begeben.


    hokuspokus
    • Themenstarter
    hokuspokus's Polo 86C

    Messtechnik:
    Wir Menschen können schon eine ganze Menge messen. Bei einem ziemlich großen Teil von Messungen, misst man nicht direkt in der Zielgröße, sondern muss das Ergebnis noch umrechnen. Zum Beispiel messen viele das Heizölvolumen V im Tank durch Ermittlung der Füllstandshöhe h und multiplizieren mit der Grundfläche A (A für englisch Area).

    V = A*h

    Wir berechnen also die Zielgröße (V) durch Multiplikation einer Konstanten (A) mit einer Laufvariablen (h).

    Wenn nun ein Restvolumen Heizöl V1 im Tank war und wir diesen Punkt vor dem Nachfüllen mit einem Strich markiert hatten messen wir nun das Nachfüllvolumen zwischen Strich und neuem Ölspiegel. Das Gesamtvolumen wird durch Addition ermittelt.

    V = A*h + V1

    Da steht nun die angewendete Geradengleichung. Und hier die Allgemeinform aus dem Mathematikunterricht in der Schule

    y = m*x + b

    Mit
    - m: Steigung
    - x: Laufvariable
    - b: Verschiebung

    Zurück zum Öltank: Diese Formel gilt für jeden Öltank mit konstantem Querschnitt A. Der Querschnitt ist von Tank zu Tank verschieden. Dabei handelt es sich gewissermaßen um eine Eigenschaft des Tanks. V1 ist von Situation zu Situation verschieden. Ist der Tank neu und leer, ist V1 null. Ansonsten kann V1 jeden beliebigen Wert haben und stellt dann eine Nullpunktverschiebung dar.

    Jetzt sind wir der Justage unserer Anzeige schon ziemlich nah gekommen. Auch diese bietet uns die beiden Justagefaktoren an
    - Steigung (oder Verstärkung)
    - Verschiebung

    In der folgenden Grafik kann man das noch mal nachvollziehen.
    - Die rote Linie stellt den Standardfall dar. 90 Grad Wassertemperatur werden mit 90 Grad an der Anzeige dargestellt.
    - Die grüne Linie zeigt eine korrekte Verstärkung m mit nicht korrektem Nullpunkt b im negativen Bereich. 90 Grad Wassertemperatur werden nur mit ca. 75 Grad an der Anzeige dargestellt. Der aufmerksame Autoschrauber beginnt irrigerweise das Thermostat zu prüfen.
    - die blaue Linie zeigt eine zu große Verstärkung m mit nicht korrektem Nullpunkt b im positiven Bereich. In der Praxis würde jeder Autofahrer sofort rechts ran fahren, weil er Sorge hat, sein Auto koche gleich über. Tatsächlich hat die Kiste nur knapp eine Temperatur von etwas über 80 °C erreicht.


    Der Bericht ist so gut, daß er in "Anleitungen" rein sollte!




    Muss ihn nochmal genauer durchlesen, finde aber auch



    Vielen Dank für die ausführliche Anleitung. Bevor man jedoch in das komplizierte Justieren der Instrumente einsteigt, gibt es jedoch einfachere und werkstattgemäße Wartungs- und Reparaturarbeiten, die dem vorausgehen sollten.

    Ist es nicht auch einfacher, ggfs. Geber für Temperatur oder Tankanzeige zu erneuern?

    Viele Grüße Juggi


    hokuspokus
    • Themenstarter
    hokuspokus's Polo 86C

    Zitat:

    Ist es nicht auch einfacher, ggfs. Geber für Temperatur oder Tankanzeige zu erneuern?

    Die Antwort auf diese Frage ist eine der Kernaussagen der Justageanleitung. Ich muss aber zugeben, es sind ganz schön viele Worte geworden, da kann man schon mal was überlesen...


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